jb/kjd Jedes Jahr machen wir Aufstellungen zu unserem Kernthema, der Verbindung zur Natur. Dieses Mal wollten wir in einem ersten Schritt bei der Aufstellung im Oktober die hochaktuelle Diskussion über Klimaveränderung verbinden mit unserer Arbeit zu Körperwahrnehmung, Sinnlichkeit und Naturverbundenheit.
Warum sind gerade diese Aspekte in unserer Arbeit zentral? Der Zugang zur Welt über die Sinne, das körperliche Erspüren, ist für uns etwas sehr Wertvolles und Lebendiges. Vielleicht ist es auch etwas sehr Weibliches (eine Qualität, die jeder Menschen in sich trägt). In unserer Ausbildung und Arbeit haben wir jedoch immer wieder erlebt, dass dieser Zugang abgewertet wird oder für viele Menschen nicht zugänglich ist. Wir sind überzeugt, dass das gefühlte Verbundensein mit der Natur ein Schlüssel für Verhaltensänderungen ist und möchten darum an diesem Thema weiterforschen.
Ausgangslage – das war die Ausschreibung
Was hat Körperlichkeit und Sinneswahrnehmung mit der Klimakrise zu tun? Was hat Körperlichkeit und Sinneswahrnehmung mit Naturverbindung zu tun?
Wenn wir davon ausgehen, dass wir Teil der Natur sind, was verändert das an unserer Wahrnehmung der Klimakrise? Was ist der Unterschied, ob wir das kognitiv wissen oder mit Haut und Haar spüren? Wie kann diese Erfahrung wieder Teil unserer kollektiven Geschichte und unserer gelebten Kultur werden? Diese Fragen möchten wir mithilfe der Aufstellungsarbeit erforschen.
Das „Netz des Lebens“ ist ein Ausdruck aus der Tiefenökologie, der verdeutlicht, dass wir Menschen und alle Lebewesen Teil ökologischer Gemeinschaften sind, die in wechselseitiger Abhängigkeit auf diesem Planeten zusammenleben. Wir gehören mit dazu. Die Klimakrise und Dynamik, ausgelöst durch die Klimastreikbewegung sind ein aktueller Ausgangspunkt, unser bewusstes Körperempfinden um diese Zusammenhänge zu erweitern.
Ablauf der Aufstellung
In die Vorübung, bei der wir wie immer mit den vier Quadranten des Medizinrades arbeiteten, gingen wir mit diesen Fragen hinein:
- Wie steht es mit meiner Beziehung zu meinem Körper?
- Was passiert bei mir, wenn ich die aktuellen Ereignisse im Bezug auf die Klimaveränderung an mich heranlasse?
Nachdem wir die persönlichen Erlebnisse geteilt hatten, wählten wir aufgrund der Erfahrungen folgende Elemente für die Aufstellung aus: Verantwortungsvolles Handeln, Erde, Schuld, Ohnmacht, unterstützende Ressource. Wir stellten verdeckt auf, d.h. die Stellvertretenden kannten ihre Rolle zu Beginn der Aufstellung nicht. Wir gingen vom Verständnis aus, dass beispielsweise das verantwortungsvolle Handeln sowie die Schuld auch für Menschen steht, die dem jeweiligen Element nahe sind.
Die unterstützende Ressource entpuppte sich als ein lichtvolles Element. Licht und Schatten spielten in der Aufstellung eine grosse Rolle. Das verantwortungsvolle Handeln kam schnell mit der Erde in Kontakt. Die Schuld war ganz zurückgezogen und an die Wand gelehnt. Nach und nach näherten sich das verantwortungsvolle Handeln immer mehr der Erde an. Alleine hatte es verschiedene Positionen eingenommen, um mit der Schuld in Kontakt zu kommen. Das funktionierte nicht. Erst durch die (durch Berührung auch körperliche) Verbindung mit der Erde, und anschliessender Kontaktaufnahme mit der Schuld, setzte sich diese in Bewegung. Die Ohnmacht hatte die Funktion eines „Zeigers“ und pendelte im Raum wie eine Seiltänzerin hin und her. Sie war für den Schlussverlauf der Aufstellung nicht so relevant.
Schlussbild: Ein Kreis schliesst sich
Erde, verantwortungsvolles Handeln und Schuld waren im Schlussbild in einem Kreis über die Hände direkt miteinander verbunden. Die Verbindung zwischen dem verantwortungsvollen Handeln und der Erde war sehr wichtig. Die Schuld war sehr stark darauf fokussiert und orientierte sich an dieser Verbindung. Sie verband sich zuerst mit dem verantwortungsvollen Handeln, erst dann nahm sie über die Hand mit der Erde Kontakt auf. Der Kontakt über die Hände war entscheidend. Über die Augen war ein Kontakt möglich, aber noch nicht ganz gefestigt. Die lichtvolle Ressource unterstützte von aussen diesen Prozess.
Die wichtigsten Veränderungspunkte
- Das verantwortungsvolle Handeln suchte Wege, mit der Schuld in Kontakt zu kommen. Es nahm alleine verschiedene Positionen ein. Das nützte nichts. Erst als das verantwortungsvolle Handeln noch tiefer mit der Erde in Verbindung trat, wurde eine Veränderung möglich.
- Die Schuld wurde wie ein Magnet angezogen, sobald das verantwortungsvolle Handeln mit der Erde in eine stärkere Verbindung trat und darüber mit der Schuld kommunizierte.
- Die Schuld nahm zuerst die Hand des verantwortungsvollen Handelns und erst danach war es möglich auch der Erde die Hand zu reichen.
- Knotenpunkte Hände: Der wichtigste war die Verbindung vom verantwortungsvollen Handeln zur Erde.
Erkenntnisse für den Wandel
Im Anschluss an die Aufstellung sammeln wir jeweils gemeinsam unsere unmittelbaren Erkenntnisse. Welche Einsichten nehmen wir nach Hause, welche Fragen sind für uns noch offen. Einiges davon haben wir in diesem Blog bereits verarbeitet, hier noch ein paar Blitzlichter wie das aussehen kann:
- Das verantwortungsvolle Handeln soll sich nicht von der Erde wegbewegen, sondern noch näher zur Erde hin – diese Verbundenheit/dieses wie Eins sein setzt Energie frei. Das konnte auslösen, dass die Schuld näher kommt.
- Das verantwortungsvolle Handeln darf nicht drängen, sondern wirkt als Vorbild in einer möglichst starken Verbindung mit der Erde.
- Vorbild im Handeln, auf attraktive Art einladen zum Mitmachen, nicht (unbedingt) über Reden, Augen, sondern über die Hände/den Körper. Könnte auch Tanzen oder anderes sein.
- Schuld bewegt sich „von selbst“ näher zur Erde und dem verantwortungsvollen Handeln, je stärker eben diese Verbindung ist.
- Sobald die Strahlkraft/Magnetkraft/Anziehungskraft genügend gross ist, bringt es Dinge in Bewegung/den Wandel in Gang.
Ausblick
Am 7. Dezember 2019 werden wir eine zweite Aufstellung für den Wandel zum Thema Klima und Naturverbindung durchführen. Wir möchten an obige Erfahrungen anknüpfen und beschäftigen uns mit folgenden Fragestellungen: Welche Hebel und Dynamiken sind für die Wirksamkeit des Klimaschutzes von besonderer Bedeutung? Wie erreichen wir mit unserem Engagement die grösste gesunde Wirkung für das Klima bezogen auf den Raum Schweiz als Teil des Globus? Akteure im Bereich Nachhaltigkeit, Aktivistinnen und alle Interessierten sind herzlich willkommen dabei zu sein. Es wird bestimmt sehr erkenntnisreich!
Jeannine Brutschin und Kim Jana Degen haben 2017 gemeinsam die Organisation momo&ronja gegründet. „Als soziale Unternehmerinnen engagieren wir uns für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Zudem können wir mit momo&ronja unsere Erfahrung einer tiefen Verbundenheit mit der Natur in ganz konkreten Angeboten und Projekten zum Ausdruck bringen.“
Danke sehr, liebe Kim und Jeannine! Es war sehr bewegend, dabei zu sein! Und danke für den Blog! Ihr habt sehr schön die unterstützenden Haltungen und Handlungen beschrieben.
Für mich persönlich besonders auch wichtig, was eben kontraproduktiv sein kann: Wenn die Aufmerksamkeit des „verantwortungsvolle Handeln“ auf die Schuld gerichtet ist, fehlt diese Aufmerksamkeit für die Verbindung mit der Natur und gleichzeitig fühlt sich die Schuld beobachtet und schämt sich. Meine Interpretation: Die Schuldgefühle werden grösser. Die Schuld zieht sich eher zurück und kommt damit nicht in entlastendes Handeln. Genau dieses verkleinert eben die Schuldgefühle und lässt die Schuld näher kommen.
Und ich freue mich, am 7. Dez. aktiv mit dabei zu sein! Bin sehr gespannt, was sich noch zeigt.
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